Einleitung: Warum die Art der Ausschüttung entscheidend ist
Wenn du in Exchange Traded Funds (ETFs) investierst, stößt du schnell auf zwei Begriffe: ausschüttend und thesaurierend. Während ausschüttende ETFs Dividenden und Zinserträge direkt auf dein Verrechnungskonto überweisen, reinvestiert ein thesaurierender ETF diese Erträge automatisch in sich selbst. Klingt simpel? Dahinter steckt ein cleverer Zinseszinseffekt, der dein Vermögen langfristig schneller wachsen lassen kann. Doch wie genau funktioniert das – und welche steuerlichen Folgen hat es im Jahr 2025 für deutsche Privatanleger?
1. Was ist ein thesaurierender ETF?
Ein thesaurierender ETF sammelt alle Erträge – etwa Dividenden von Aktien oder Zinsen von Anleihen – ein und benutzt sie, um zusätzliche Fondsanteile zu kaufen. Für dich als Anleger bedeutet das: Du erhältst keine Barausschüttung, aber dein Anteil am Fondsvermögen steigt automatisch. Dieser Mechanismus ähnelt dem automatischen Wiederanlegen in einem thesaurierenden Investmentfonds, funktioniert jedoch börsentäglich handelbar und mit den Kostenvorteilen eines ETFs.
1.1 Thesaurierung vs. Ausschüttung – der Hauptunterschied
- Ausschüttender ETF: Erträge werden auf dein Konto ausgezahlt; du entscheidest, ob du sie reinvestierst.
- Thesaurierender ETF: Erträge fließen direkt in den Fonds zurück; dein Depotwert steigt entsprechend.
Dadurch entfällt der “Umweg” über das Verrechnungskonto. Du profitierst sofort vom Zinseszins-Effekt, ohne manuell nachzukaufen oder einen Dividenden-Reinvestitionsplan einzurichten.
2. So funktioniert die automatische Wiederanlage
Sobald ein Unternehmen innerhalb des ETF-Index – zum Beispiel im MSCI World – eine Dividende ausschüttet, sammelt die Fondsgesellschaft die Zahlung ein. Statt sie anteilig an die Anleger zu verteilen, nutzt sie das Geld, um neu ausgegebene ETF-Anteile oder zusätzliche Aktien im Index zu kaufen. Technisch geschieht dies oft zum Ex-Dividenden-Tag, sodass kein Ertrags-Leerlauf entsteht.
Beispiel: Dein ETF-Anteil hat am 1. Juli einen Wert von 100 Euro. Eine Woche später schüttet Apple Inc. 0,80 USD Dividende aus. Der ETF erhält seinen proportionalen Anteil und kauft damit sofort weitere Apple‑Aktien. Dein Anteil am Fonds ist nun 100 Euro + Dividendenanteil → 101 Euro (vereinfacht gerechnet).
Dadurch bleibt der Kurs des thesaurierenden ETF in der Regel konstant, während bei einem ausschüttenden Pendant der Kurs am Ex‑Tag um den Dividendenbetrag sinkt und erst nach Reinvestition wieder steigt.
3. Steuern 2025: Vorabpauschale statt Kapitalertragsteuer
Früher galt ein thesaurierender ETF als steuerlicher Vorteil, weil Dividenden nicht sofort versteuert wurden. Seit der Investmentsteuerreform 2018 gilt jedoch: Auch ein thesaurierender ETF wird jährlich besteuert – allerdings über die Vorabpauschale.
3.1 Was ist die Vorabpauschale?
Die Vorabpauschale ist eine fiktive Ertragsannahme, die der Gesetzgeber einführt, um die laufende Besteuerung sicherzustellen. Der Betrag errechnet sich jedes Jahr aus:
Wert des Fondsanteils × 70 % × Basiszins
Beispiel 2025: Liegt der Basiszins bei 2 %, beträgt die Pauschale 1,4 % des Fondsvermögens. Darauf fallen 25 % Abgeltungssteuer + Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer an. Wichtig: Die Pauschale wird auf deinen Freistellungsauftrag angerechnet. Hast du einen ausreichend hohen Freistellungsauftrag (2025: 1.000 € für Singles), zahlst du bis zu dessen Ausschöpfung keine Steuer.
3.2 Vergleich mit ausschüttenden ETFs
- Ausschüttend: Steuer sofort auf reale Dividende
- Thesaurierend: Steuer auf Vorabpauschale (könnte niedriger oder höher ausfallen, je nach Kursentwicklung und Zinsniveau)
Langfristig wird der steuerliche Unterschied kleiner, da beim Verkauf des ETFs ohnehin die Kursgewinne plus nicht versteuerte Dividenden nachversteuert werden. Entscheidender bleiben deshalb Komfort und Wiederanlage-Effizienz.
4. Vorteile thesaurierender ETF
- 1.Automatischer Zinseszinseffekt: Deine Erträge arbeiten sofort weiter.
- 2.Kein Reinvestitionsaufwand: Ideal für Anleger, die „Buy & Hold“ betreiben und selten ins Depot schauen möchten.
- 3.Geringere Handelskosten: Du sparst Ordergebühren, weil keine manuelle Wiederanlage nötig ist.
- 4.Stabile Kursentwicklung: Keine Dividendenabschläge, was Charts und Performancevergleiche vereinfacht.
5. Mögliche Nachteile und Lösungen
Nachteil | Lösung |
Weniger Liquidität bei Ausschüttung | Kombiniere thesaurierende ETFs mit einem Geldmarkt-ETF für kurzfristigen Cash-Bedarf |
Steuerliche Vorabpauschale kann überraschen | Freistellungsauftrag optimal nutzen und Rücklagen für Steuerzahlung einplanen |
Komplexere Steuerberechnung beim Verkauf | Nutze Broker-Steuerreports oder Tools wie Steuer‑Go |
6. Für wen eignet sich ein thesaurierender ETF?
- Langfristige Sparer (10+ Jahre Anlagehorizont)
- Anleger mit hohem Freistellungsauftrag (z. B. Ehepaare)
- Wiederanleger ohne Bedarf an laufenden Dividendenzahlungen
- ETFs im Kinderdepot (Steuerfreibeträge der Kinder nutzen)
Hast du dagegen regelmäßige Ausgaben, wie etwa einen frühen Ruhestand, könnte ein ausschüttender ETF sinnvoller sein.
7. Praxistipps: So wird ein thesaurierender ETF in dein Depot integriert
- 1.Asset Allocation: Nutze einen thesaurierenden Welt‑ETF (z. B. MSCI World) als Kernbestandteil (Core) deines Portfolios.
- 2.Sparplan: Richte bei deinem Broker (z. B. Trade Republic Erfahrungsbericht) einen monatlichen Sparplan ein.
- 3.Rebalancing: Einmal jährlich prüfen, ob sich deine Aktien‑/Anleihenquote verschoben hat, und gegebenenfalls anpassen.
- 4.Kosten vergleichen: Achte auf TER (< 0,25 %) und Tracking Difference.
- 5.Steuerkalender: Notiere dir den Termin für die Vorabpauschale (meist Januar) in deinem Finanzkalender.
8. FAQ – Häufige Fragen zum thesaurierenden ETF
8.1 Bekommt mein thesaurierender ETF überhaupt Dividenden?
Ja, aber sie werden intern reinvestiert. Du siehst den Zuwachs als höheren Anteilswert, nicht als Auszahlung.
8.2 Ist die Steuerlast 2025 höher als bei einem ausschüttenden ETF?
Nicht zwangsläufig. Die Vorabpauschale kann niedriger sein als die reale Dividende. Am Ende des Anlagezeitraums wird jedoch beides besteuert.
8.3 Kann ich einen thesaurierenden ETF in einen ausschüttenden wechseln?
Technisch ja, aber das wäre ein Verkauf deines Bestands – Kursgewinne werden sofort steuerpflichtig. Prüfe erst die Gesamtkosten.
9. Fazit: Thesaurierende ETFs – bequem zum Zinseszinseffekt
Ein thesaurierender ETF ist eine komfortable Lösung, wenn du langfristig Vermögen aufbauen willst, ohne dich um Dividenden-Reinvestition oder Ordergebühren zu kümmern. Mit der richtigen Steuerstrategie – Freistellungsauftrag und Blick auf die Vorabpauschale – bleiben die Kosten überschaubar. Für Sparpläne, Kinderdepots und alle, die nicht von laufenden Ausschüttungen leben müssen, ist der thesaurierende ETF 2025 so attraktiv wie nie.