Rüstungsaktien sind spätestens seit dem Beginn der „Zeitenwende“ ein fester Bestandteil vieler Anlegerdepots geworden. Während die Weltpolitik zunehmend von Konflikten, Unsicherheiten und geopolitischen Spannungen geprägt ist, steigen die Verteidigungsausgaben vieler Staaten auf Rekordniveaus. Davon profitieren vor allem Unternehmen wie Rheinmetallund Hensoldt, die in Europa eine Schlüsselrolle bei der militärischen Ausstattung spielen.
Doch so ähnlich beide Unternehmen auf den ersten Blick wirken mögen – ihre Geschäftsmodelle, Stärken und Perspektiven unterscheiden sich deutlich. Während Rheinmetall als integrierter Rüstungskonzern mit eigenem Panzerbau und Munitionsproduktion auftritt, fokussiert sich Hensoldt auf Hightech-Sensorik und elektronische Aufklärung. Beide Aktien haben 2025 eine starke Performance hingelegt – doch welche bietet das bessere Chance-Risiko-Verhältnis für Anleger?
In diesem Artikel vergleichen wir Rheinmetall und Hensoldt fundamental, technisch und strategisch – mit allen relevanten Zahlen, Kursentwicklungen und einem Ausblick auf das, was Investoren im Verteidigungssektor erwartet.
Warum Verteidigungsaktien 2025 so gefragt sind
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 hat sich die Welt sicherheitspolitisch grundlegend verändert. Was in Jahrzehnten als „Friedensdividende“ galt, weicht heute einem neuen Verteidigungsbewusstsein in Politik und Bevölkerung. Staaten wie Deutschland, Frankreich, Polen, die USA und viele NATO-Partner investieren wieder massiv in ihre Armeen – sowohl finanziell als auch strukturell.
Die Zeitenwende – ein Investmentthema?
Insbesondere in Deutschland ist der Begriff der „Zeitenwende“ zum Sinnbild einer neuen Sicherheitspolitik geworden. Mit dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr und der Anhebung des Verteidigungshaushalts auf jährlich über 70 Milliarden Euro hat sich Deutschland vom sicherheitspolitischen Zauderer zum verlässlichen NATO-Partner entwickelt – und dabei die Nachfrage nach Rüstungsgütern drastisch erhöht.
Gleichzeitig steigt der Druck, veraltetes Material durch moderne Systeme zu ersetzen. Dabei geht es nicht nur um Panzer und Munition, sondern auch um Sensorik, Kommunikationstechnik und Luftabwehr – genau die Bereiche, in denen Unternehmen wie Rheinmetall und Hensoldt führend sind.
ESG-Debatte: Verteidigung als Beitrag zur Stabilität
Lange Zeit galten Rüstungsaktien als problematisch im Hinblick auf nachhaltige Geldanlagen. Doch diese Sichtweise wandelt sich. Immer mehr Fonds und Investoren erkennen an, dass funktionierende Verteidigung auch ein Beitrag zur Friedenssicherung und Menschenrechtsschutz ist. Entsprechend steigen die Kapitalzuflüsse in Unternehmen der Branche – und damit auch das Bewertungsniveau.
Nachfrage global wie selten zuvor
Nicht nur in Europa steigt der Bedarf. Auch Länder wie Australien, Südkorea, Japan und die USA treiben ihre militärischen Budgets weiter nach oben. Zudem setzen osteuropäische Staaten wie Polen, Tschechien oder Rumänien auf massive Aufrüstungsprogramme – häufig in Kooperation mit westlichen Rüstungskonzernen. In vielen dieser Projekte sind Rheinmetall und Hensoldt direkt oder über Partnerschaften beteiligt.
Rheinmetall: Der integrierte Verteidigungskonzern mit globaler Präsenz
Die Rheinmetall AG mit Sitz in Düsseldorf ist einer der bedeutendsten deutschen Rüstungskonzerne – und längst weit mehr als ein Zulieferer für die Bundeswehr. Das Unternehmen hat sich in den letzten Jahren konsequent vom Mischkonzern mit Automobiltechnik zu einem hochspezialisierten Verteidigungs- und Sicherheitsunternehmen gewandelt. Heute stammt rund 70 % des Umsatzes aus dem Defence-Bereich, der Rest aus zivilen Technologien, insbesondere Komponenten für Nutzfahrzeuge.
Geschichte und strategische Ausrichtung
Gegründet 1889 als Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik, ist das Unternehmen heute ein börsennotierter MDAX-Konzern mit einer Marktkapitalisierung von über 20 Milliarden Euro (Stand Juli 2025). Der Konzern ist in mehr als 30 Ländern aktiv, mit Werken u. a. in Deutschland, Ungarn, Australien, Kanada und bald auch in der Ukraine.
Ziel ist es, sich als strategischer Ausrüster westlicher Demokratien zu positionieren – insbesondere im Bereich Bodenfahrzeuge, Munition, Luftabwehr und Verteidigungselektronik.
Produkte und Stärken
Rheinmetall bietet eine außergewöhnlich breite Produktpalette im militärischen Bereich:
- Kampfpanzer & Schützenpanzer: z. B. Leopard 2 (gemeinsam mit KMW), Lynx und der neue Panther KF51
- Munition: vom Kleinkaliber bis zur Artillerie
- Luftabwehrsysteme: Skynex, Oerlikon
- Fahrzeugschutzsysteme: u. a. aktiv reagierende Panzerung
- Verteidigungselektronik: Sensorik, Feuerleitsysteme, digitale Gefechtsführung
Ein entscheidender Vorteil ist die vertikale Integration: Rheinmetall produziert nicht nur Komponenten, sondern komplette Systeme – von der Munitionsfertigung bis zum fahrbereiten Panzer.
Aktuelle Großprojekte (Stand 2025)
- Lieferung von 123 Leopard-2-Panzern an die Bundeswehr
- Bau eines neuen Panzerwerks in der Ukraine (Kooperation mit Kiew)
- Erweiterung der Munitionsproduktion in Niedersachsen, Australien und Ungarn
- Integration in internationale Beschaffungsprogramme (z. B. für Polen, Norwegen, Rumänien)
Kennzahlen (Juli 2025)
Kennzahl | Wert |
---|---|
Börsenwert | ca. 84,90 Mrd. € |
KGV (2025e) | ca. 113 |
Dividendenrendite | ca. 0,4 % |
Auftragsbestand | über 40 Mrd. € |
CET1-Quote (konzernweit) | 15,0 % |
Bewertung: Die Rheinmetall-Story
Das Rüstungsunternehmen profitiert von einer enormen Nachfragewelle und politischen Rückendeckung – sowohl in Deutschland als auch international. Die Aktie hat sich seit 2022 mehr als vervierfacht und gilt heute als eine der stabilsten Verteidigungsaktien Europas. Trotz des hohen Kursniveaus sehen viele Analysten noch Potenzial durch neue Exportmärkte und Technologiepartnerschaften.
Hensoldt: Hightech aus Deutschland – Spezialist für Sensorik und Aufklärung
Die Hensoldt AG mit Sitz in Taufkirchen bei München ist ein führender Anbieter für Verteidigungs- und Sicherheitstechnologie – insbesondere im Bereich Sensorik, Radarsysteme und elektronische Aufklärung. Das Unternehmen ist deutlich jünger und schlanker als Rheinmetall, gilt aber als technologisch hochinnovativ und eng in europäische Verteidigungsprojekte eingebunden.
Herkunft und Entwicklung
Hensoldt wurde 2017 als eigenständiges Unternehmen durch die Ausgliederung der Defence Electronics-Sparte von Airbus Defence & Space gegründet. Seit dem Börsengang im Jahr 2020 hat sich die Aktie stark entwickelt und ist inzwischen im MDAX gelistet. Der Name „Hensoldt“ geht zurück auf Moritz Carl Hensoldt, einen deutschen Pionier der Optiktechnik aus dem 19. Jahrhundert – ein symbolischer Verweis auf die heutige Fokussierung auf Präzisionstechnologie.
Strategische Positionierung
Im Gegensatz zu Rheinmetall ist Hensoldt kein Produzent von Waffen oder Fahrzeugen, sondern spezialisiert auf elektronische Komponenten, die in modernen Rüstungssystemen eine Schlüsselrolle spielen. Das Unternehmen liefert z. B. die Radar- und Sensoriksysteme für das Luftabwehrsystem IRIS-T – eines der weltweit gefragtesten Systeme zur Flugkörperabwehr.
Zudem ist Hensoldt an großen europäischen Rüstungskooperationen beteiligt – darunter das Future Combat Air System (FCAS), ein deutsch-französisch-spanisches Zukunftsprojekt für die europäische Luftwaffe.
Produkt-Highlights und Kompetenzen
- Radartechnologie: z. B. TRML-4D, AESA-Radare, Abstandsüberwachung
- Elektronische Aufklärung (SIGINT): z. B. ELINT, COMINT
- Infrarot- und Optosysteme: z. B. Zielerfassungs- und Nachtvisiergeräte
- Cyber- & Signalverarbeitung: z. B. softwarebasierte Systeme zur Drohnenabwehr
- Verteidigung von Weltraum-Assets und Satellitenkommunikation
Aktuelle Großprojekte (Stand 2025)
- Lieferung von Radarsystemen für IRIS-T SLM an Deutschland und mehrere NATO-Staaten
- Teilnahme an FCAS-Entwicklung mit Airbus, Dassault und Indra
- Sensoriklösungen für Eurofighter, Eurodrohne und Panzeraufklärungsfahrzeuge
- Ausbau der Kapazitäten in Ulm und Taufkirchen
- Starkes Exportgeschäft nach Osteuropa, Südkorea und den Nahen Osten
Kennzahlen (Juli 2025)
Kennzahl | Wert |
---|---|
Börsenwert | ca. 11,77 Mrd. € |
KGV (2025e) | ca. 123 |
Dividendenrendite | ca. 0,5 % |
Auftragsbestand | über 6 Mrd. € |
Wachstum Kundenvermögen | +19 % YoY |
Bewertung: Technologischer Spezialist mit Potenzial
Hensoldt ist zwar kleiner als Rheinmetall, aber hochprofitabel und stark wachsend. Die Aktie gilt als technologischer Wachstumswert mit Fokus auf ESG-konforme Verteidigungstechnologie. Analysten loben die hohe Marge, die Projektpipeline und die Innovationskraft – verweisen aber auch auf die Abhängigkeit von wenigen Großkunden und die teils ambitionierte Bewertung.
Charttechnische Analyse – Rheinmetall & Hensoldt im technischen Vergleich
Rheinmetall: Konsolidierung auf hohem Niveau
- Aktueller Kurs: 1.828 €
- 1-Jahres-Performance: +254 %
- 52-Wochen-Tief: 437,50 €
- 52-Wochen-Hoch: 1.944,00 €
Die Rheinmetall-Aktie hat sich seit Jahresbeginn mehr als verdreifacht. Der Anstieg verlief steil und stabil – vor allem von Februar bis April. Seitdem pendelt der Kurs in einer Konsolidierungsphase zwischen 1.700 € und 1.900 €.
Technisch auffällig: Der Kurs läuft leicht unterhalb des 52-Wochen-Hochs. Der RSI dürfte in den neutralen Bereich gefallen sein (Schätzung: 56–60). Ein Ausbruch über 1.950 € könnte neue Impulse liefern, Rücksetzer auf 1.700 € bieten mögliche Einstiegschancen.
Widerstände: 1.880 €, 1.944 € (Allzeithoch)
Unterstützungen: 1.700 €, 1.580 € (psychologisch), 1.400 € (Trendlinie)
Hensoldt: Konsolidiert nach starkem Kursschub
- Aktueller Kurs: 101,90 €
- 1-Jahres-Performance: +183 %
- 52-Wochen-Tief: 27,28 €
- 52-Wochen-Hoch: 108,90 €
Die Hensoldt-Aktie hatte ihren Ausbruch bereits früher – ab März 2025 begann ein steiler Anstieg, der sich im Mai und Juni fortsetzte. Seitdem läuft eine Seitwärtsbewegung knapp unter dem Hoch bei ca. 100–105 €.
Technisch positiv: Die Aktie zeigt relative Stärke. Ein klarer Ausbruch über 110 € könnte neue Trenddynamik erzeugen. Bei Rücksetzern bieten sich Niveaus um 90 € als technische Unterstützung an.
Widerstände: 105 €, 108,90 €
Unterstützungen: 95 €, 90 €, 80 €
Direkter Vergleich – was spricht für welche Aktie?
Kriterium | Rheinmetall | Hensoldt |
---|---|---|
Größe/Marktwert | Großkonzern mit 85 Mrd. € | Mittelgroß, ~12 Mrd. € |
Produktbreite | Vollsortiment: Panzer, Munition, Elektronik | Fokus: Sensorik, Radar, Luftabwehr |
Kursentwicklung (12M) | +255 % | +184 % |
Bewertung (KGV) | 113 | 122 |
Dividendenrendite | 0,44 % | 0,49 % |
Auftragsbestand | > 40 Mrd. € | > 6 Mrd. € |
Chartbild | Konsolidierung am Hoch | Stabil nahe Hoch mit Breakout-Potenzial |
Für wen geeignet? | Stabilitäts- und Dividendenanleger | Wachstums- und Tech-orientierte Anleger |
Fazit & Ausblick: Welche Verteidigungsaktie überzeugt 2025 mehr?
Beide Unternehmen sind absolute Profiteure der globalen Aufrüstung – allerdings auf unterschiedliche Weise. Während Rheinmetall mit seiner Größe, globalen Reichweite und tief integrierten Wertschöpfung punkten kann, überzeugt Hensoldt durch Technologiekompetenz, Innovationskraft und eine attraktive Position im Bereich Cyber, Radar und Luftabwehr.
Rheinmetall ist aktuell weiter in der Entwicklung, hat aber bereits viel Kursfantasie eingepreist. Die Aktie konsolidiert auf hohem Niveau – langfristig bleibt sie attraktiv, aber der Einstieg sollte gezielt gewählt werden.
Hensoldt hingegen hat noch mehr Wachstumsdynamik, aber auch mehr Bewertungsspielraum. Der Trend ist intakt, und das Unternehmen profitiert massiv vom Sensorik- und Luftabwehrboom.
Unsere Einschätzung:
- Konservativ & substanzstark: Rheinmetall
- Innovativ & wachstumsorientiert: Hensoldt
- Langfristig ausbalanciert: Beide Aktien im Depot kombinieren
FAQ – Häufige Fragen zum Vergleich
Welche Aktie hat mehr Kurspotenzial 2025?
Hensoldt zeigt aktuell stärkere Dynamik, Rheinmetall ist weiter entwickelt – beide haben Potenzial, aber Hensoldt ist agiler.
Ist Rheinmetall 2025 überbewertet?
Das KGV ist hoch, aber das Unternehmen wächst stark. Politische Rückendeckung sorgt für Bewertungsprämie.
Zahlt Hensoldt eine Dividende?
Ja, aktuell etwa 0,49 % – also niedrig, aber vorhanden.
Wie unterscheiden sich die Geschäftsmodelle?
Rheinmetall produziert ganze Systeme (Panzer, Munition), Hensoldt liefert Hightech-Komponenten für Sensorik und Aufklärung.
Sind beide Aktien für ESG-Investoren geeignet?
Beide positionieren sich zunehmend als „Verteidiger westlicher Werte“ – auch ESG-Fonds ziehen sie mittlerweile in Betracht.
Kann man beide Aktien gleichzeitig im Depot halten?
Ja, das bietet sogar eine sehr gute Diversifikation im Verteidigungssektor.