1. Mehrere Verlusttage in Folge für die Rheinmetall-Aktie
Die Rheinmetall-Aktie hat in der vergangenen Börsenwoche eine deutliche Korrektur erlebt. Am Freitag, dem 28. Juli 2025, schloss der Kurs bei 1.675 €, was einem Rückgang von –7,00 % innerhalb von fünf Handelstagen entspricht. Noch zu Beginn des Monats notierte die Aktie über der Marke von 1.900 €. Damit entfernt sich der Kurs zunehmend vom 52-Wochen-Hoch bei 1.944 €.
Der plötzliche Kursverfall kommt für viele Anleger überraschend – insbesondere vor dem Hintergrund stabiler Auftragslage, robuster Rüstungsnachfrage und einer politischen Großwetterlage, die weiterhin stark auf die Verteidigungsindustrie einzahlt. Was also steckt hinter der Schwäche der Rheinmetall-Aktie?
2. Aktuelle Kursdaten und fundamentale Kennzahlen
Ein Blick auf die Basisdaten des Unternehmens liefert erste Anhaltspunkte zur aktuellen Lage:
Kennzahl | Wert |
---|---|
Schlusskurs (28.07.2025) | 1.675,00 € |
Veränderung (5 Tage) | –7,00 % |
Marktkapitalisierung | 76,58 Mrd. € |
KGV (ttm) | 103,78 |
Dividendenrendite | 0,48 % |
52-Wochen-Hoch | 1.944,00 € |
52-Wochen-Tief | 437,50 € |
Besonders auffällig: Das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei über 100 – ein sehr hoher Wert, selbst für wachstumsstarke Unternehmen. Diese hohe Bewertung wird nun offenbar vom Markt zunehmend in Frage gestellt.
3. Was sind die Gründe für den Kursrückgang der Rheinmetall-Aktie?
Die Rheinmetall-Aktie hat nach ihrer beeindruckenden Rally im ersten Halbjahr zuletzt deutlich an Schwung verloren. Innerhalb weniger Wochen fiel der Kurs von fast 1.900 € auf rund 1.675 €. Die Gründe sind vielfältig:
1. Gewinnmitnahmen nach Rekordhoch:
Nach einem Anstieg von über 300 % seit Jahresbeginn kam es zu klassischen Gewinnmitnahmen. Viele Anleger realisierten ihre Profite – eine gesunde Konsolidierung nach dem starken Lauf.
2. Technische Korrektur:
Der Kurs pendelt seit Wochen zwischen 1.655 € und 1.900 €. Der jüngste Rücksetzer unter 1.700 € deutet auf eine technische Schwäche hin – auch andere Rüstungswerte wie Hensoldt und Renk zeigen ähnliche Muster.
3. Unsicherheit vor Quartalszahlen:
Am 7. August 2025 legt Rheinmetall seine Q2-Zahlen vor. Viele Investoren warten ab – der Kaufdruck ist derzeit gering. Analysten wie die DZ Bank bleiben jedoch optimistisch und sehen die Rheinmetall-Aktie weiter im Aufwärtstrend.
4. Gesellschaftliche Kritik:
Proteste wie zuletzt in Berlin („Rheinmetall Entwaffnen“) erhöhen den politischen Druck. Zwar haben solche Aktionen kaum Einfluss auf das operative Geschäft, doch sie belasten das öffentliche Image.
5. „Sell the News“-Effekt nach Index-Aufstieg:
Der Aufstieg in den EURO STOXX 50 war bereits eingepreist. Nach der offiziellen Aufnahme kam es zu Verkäufen – ein typisches Muster bei vorab bekannten Nachrichten.
6. NATO-Beschlüsse wirken langfristig:
Die geplanten Erhöhungen der Verteidigungsausgaben bis 2035 sind für Rheinmetall positiv – aber kurzfristig kein Kurs-Treiber, da viele Erwartungen schon im Kurs reflektiert sind.
4. Wie steht es um die Auftragslage von Rheinmetall?
Trotz des Kursrückgangs bleibt die operative Lage des Konzerns stark. In den vergangenen Monaten konnte Rheinmetall eine ganze Reihe neuer Aufträge gewinnen, u. a.:
- Lieferung von Schützenpanzern Lynx an Ungarn
- Artilleriemunition für die Ukraine
- Ausbau der Fertigungsanlagen in Unterlüß (Deutschland)
- Kooperationen mit Norwegen, Italien und Australien
Darüber hinaus entstehen neue Werke zur Munitionsproduktion, insbesondere im Hinblick auf die gesteigerte Nachfrage im Rahmen der NATO-Verpflichtungen. Rheinmetall ist einer der wenigen europäischen Anbieter, die diese Nachfrage überhaupt in großem Maßstab bedienen können.
5. Bewertung: Ist die Rheinmetall-Aktie überbewertet?
Der KGV von über 100 ist für viele Investoren ein Warnsignal. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass Rheinmetall in einer Ausnahmesituation operiert: Die sogenannte „Zeitenwende“ in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik führt zu einem historischen Nachfrageboom, der in den kommenden Jahren noch deutlich wachsen dürfte.
Viele Analysten gehen davon aus, dass sich die Gewinne ab 2026 dynamisch entwickeln könnten – allerdings steht das Unternehmen derzeit noch am Anfang dieser Entwicklung. Die aktuelle Bewertung basiert daher mehr auf Erwartungen als auf realisierten Gewinnen.
6. Vergleich mit anderen Rüstungsaktien
Die Rheinmetall-Aktie ist nicht die einzige, die in den letzten Tagen unter Druck geraten ist. Auch internationale Branchenkollegen wie Lockheed Martin, Northrop Grumman oder BAE Systems verzeichneten moderate Rücksetzer. Dies deutet auf eine generelle Konsolidierung im Sektor hin, die möglicherweise überfällige Überbewertungen abbaut.
Im Vergleich bleibt Rheinmetall jedoch stark positioniert, insbesondere durch die Nähe zu europäischen Entscheidungszentren und die volle Auslastung der Produktionskapazitäten bis weit ins Jahr 2026 hinein.
7. Charttechnische Einschätzung: Korrektur oder Trendwende?
Aus charttechnischer Sicht ist die Marke von 1.700 € eine wichtige psychologische Unterstützung. Diese wurde zuletzt durchbrochen, was kurzfristig weiteres Abwärtspotenzial eröffnet. Die nächsten technischen Unterstützungen liegen bei:
- 1.600 € (Zwischentief vom April 2025)
- 1.520 € (EMA 100)
- 1.400 € (vormals Widerstand, jetzt mögliches Ziel bei anhaltendem Abgabedruck)
Solange der Kurs jedoch oberhalb von 1.400 € bleibt, ist die langfristige Aufwärtsbewegung intakt. Für längerfristige Anleger ergibt sich hier möglicherweise sogar eine Einstiegschance.
8. Analystenmeinungen zur Rheinmetall-Aktie
Die Mehrheit der Analysten bleibt trotz des Kursrutsches optimistisch. Einige aktuelle Einschätzungen:
Analyst | Empfehlung | Kursziel |
---|---|---|
Goldman Sachs | Kaufen | 2.000 € |
Berenberg | Halten | 1.850 € |
HSBC | Kaufen | 1.980 € |
UBS | Kaufen | 1.950 € |
Die Analysten begründen ihre positiven Prognosen vor allem mit dem massiven Investitionsbedarf der NATO-Staaten und den erwarteten Gewinnsprüngen ab 2026.
9. Chancen & Risiken für Anleger
Chancen:
- Rüstungsausgaben weltweit im Aufwind
- Politische Unterstützung auf EU- und Bundesebene
- Starke Auftragslage bis mindestens 2026
- Ausbau der Produktionskapazitäten sichert weiteres Wachstum
Risiken:
- Politische Unwägbarkeiten (US-Wahl, geopolitische Verschiebungen)
- Überbewertung im kurzfristigen Zeitfenster
- Technische Korrekturen bei überkauftem Marktumfeld
- Hohe Abhängigkeit von politischen Entscheidungen und Rüstungsbudgets
10. Fazit: Was Anleger jetzt tun sollten
Die aktuelle Korrektur der Rheinmetall-Aktie ist aus kurzfristiger Sicht schmerzhaft, kommt jedoch nicht völlig überraschend. Nach einer monatelangen Rallye sind Gewinnmitnahmen und temporäre Rücksetzer gesund für das Marktgleichgewicht. Für langfristig orientierte Investoren könnte der aktuelle Rückgang sogar eine Gelegenheit darstellen, um eine Position aufzubauen oder auszubauen – vorausgesetzt, man ist sich der politischen Risiken bewusst.
Die Fundamentaldaten des Unternehmens sind intakt, die Auftragsbücher voll, und der strukturelle Rückenwind für Verteidigungsunternehmen bleibt bestehen. Allerdings sollte der hohe Bewertungsfaktor (KGV) nicht ignoriert werden – wer einsteigt, sollte daher nicht auf schnelle Kursgewinne hoffen, sondern einen Anlagehorizont von mehreren Jahren mitbringen.
FAQ – Häufige Fragen zur Rheinmetall-Aktie
Warum fällt die Rheinmetall-Aktie trotz guter Auftragslage?
Der Rückgang ist auf Gewinnmitnahmen, hohe Bewertung und geopolitische Unsicherheiten (z. B. bevorstehende US-Wahl) zurückzuführen.
Ist die Rheinmetall-Aktie aktuell überbewertet?
Kurzfristig ja – mit einem KGV von über 100 ist viel Zukunft eingepreist. Langfristig könnte sich diese Bewertung aber rechtfertigen, falls die Margen wie erwartet steigen.
Lohnt sich ein Einstieg nach dem Rücksetzer?
Langfristig orientierte Anleger mit Risikobereitschaft finden jetzt möglicherweise einen attraktiven Einstiegszeitpunkt. Technisch gesehen könnte die Korrektur jedoch noch nicht beendet sein.
Wie hoch ist die Dividendenrendite?
Die Dividendenrendite liegt derzeit bei 0,48 % – eher niedrig. Die Rheinmetall-Aktie ist klar als Wachstumswert positioniert.
Wie ist das internationale Geschäft von Rheinmetall aufgestellt?
Das Unternehmen profitiert zunehmend von Exportaufträgen in die EU, nach Osteuropa und nach Australien. Die internationale Präsenz wird kontinuierlich ausgebaut.
Disclaimer
Dieser Artikel dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung oder Kaufempfehlung dar. Börsengeschäfte sind mit Risiken verbunden. Bitte informieren Sie sich gründlich und ziehen Sie im Zweifel einen Finanzberater hinzu.