Beim NATO-Gipfel in Den Haag haben sich fast alle Mitgliedstaaten überraschend auf ein ambitioniertes Ziel geeinigt: Bis 2035 sollen jährlich 5 % des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung, Cybersicherheit und kritische Infrastruktur fließen. Für Anleger rückt damit ein ganzer Sektor in den Fokus – doch Vorsicht ist geboten.
Das klassische Zwei-Prozent-Versprechen war jahrelang umstritten, wurde jedoch nach Russlands Angriff auf die Ukraine zum neuen Minimum. Jetzt geht das Bündnis noch weiter: 3,5 % des BIP werden für konventionelle Rüstung veranschlagt, 1,5 % für digitale Resilienz, Forschung sowie den Schutz kritischer Lieferketten. Nur Spanien und Luxemburg meldeten Vorbehalte; alle anderen 30 Staaten haben die Gipfelerklärung unterschrieben. Das Ergebnis sendet ein klares Signal an Konkurrenzmächte und an die Märkte gleichermaßen.
Mit dem NATO-Beschluss öffnet sich ein Milliardenmarkt, der vor allem Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin, Rheinmetall, Renk oder BAE Systems beflügelt. Analysten rechnen mit durchschnittlich zweistelligen Umsatzsteigerungen im Verteidigungssektor, sobald die nationalen Haushalte das 5 %-Ziel in konkrete Budgets gießen. Auch Cybersecurity-Aktien könnten profitieren, da 30 % der neuen Mittel für digitale Verteidigung reserviert sind. Exchange-Traded Funds (ETFs) auf den Bereich „Aerospace & Defense“ verzeichneten bereits in den ersten Handelsstunden deutliche Zuflüsse.
Die RENK Group AG sieht in den Beschlüssen möglichen Rückenwind für Schlüsseltechnologien. In einer ersten Stellungnahme begrüßt die RENK Group AG die Pläne der NATO als „dringend notwendigen Impuls zur Modernisierung der Verteidigungskapazitäten in Europa“. Das Unternehmen, spezialisiert auf Getriebe und Antriebssysteme für militärische Fahrzeuge, erwartet „nachhaltige Investitionen in Landplattformen und Mobilitätssysteme“, die dem Konzern mittelfristig neue Aufträge sichern könnten.
So verlockend das Wachstumspotenzial erscheint, warnen Experten vor einer Überhitzung: Mehrere europäische Rüstungsaktien handeln bereits über ihren historischen Kurs-Gewinn-Verhältnissen. Anleger sollten deshalb auf fundamentale Kennzahlen, Auftragspipelines und die tatsächliche Umsetzung nationaler Rüstungspläne achten. Verhindern Parlamente die zügige Aufstockung der Verteidigungsetats, droht eine Kursschwäche.
Der NATO-Gipfel markiert eine Zeitenwende für Verteidigungsausgaben und setzt starke Impulse an der Börse. Wer investieren will, sollte breit diversifizieren, auf solide Bilanzen achten – und stets im Kopf behalten, dass politisch getriebene Rallys ebenso schnell enden können, wie sie begonnen haben.