Die Bilanzanalyse ist ein zentrales Werkzeug der Fundamentalanalyse. Sie hilft Anlegern, die Finanzlage und Stabilität eines Unternehmens einzuschätzen. Während Kursbewegungen kurzfristig sein können, zeigt die Bilanz, wie gesund und solide ein Unternehmen wirklich aufgestellt ist.
In diesem Artikel erfährst du: Was die Bilanz ist, welche Kennzahlen wichtig sind, wie du Stärken und Schwächen erkennst und wie Anleger die Bilanz richtig interpretieren.
Was ist eine Bilanz?
- Definition: Die Bilanz ist eine Gegenüberstellung von Vermögen (Aktiva) und Kapital (Passiva) eines Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag.
- Zweck: Sie zeigt, woher die Mittel stammen (Finanzierung) und wie sie verwendet werden (Investitionen).
- Gliederung: Unterteilt in Aktiva (Vermögenswerte) und Passiva (Eigen- & Fremdkapital).
👉 Eine Bilanz muss laut Handelsgesetzbuch (HGB) bzw. IFRS regelmäßig erstellt und veröffentlicht werden.
Aufbau der Bilanz
Aktiva (Mittelverwendung – „Wie wird das Kapital eingesetzt?“)
- Anlagevermögen: Maschinen, Immobilien, Patente, Beteiligungen.
- Umlaufvermögen: Vorräte, Forderungen, Wertpapiere, liquide Mittel.
Passiva (Mittelherkunft – „Woher kommt das Kapital?“)
- Eigenkapital: Eingebrachtes Kapital der Eigentümer, Rücklagen, Gewinne.
- Fremdkapital: Verbindlichkeiten, Kredite, Anleihen, Rückstellungen.
👉 Grundsatz: Aktiva = Passiva
Wichtige Kennzahlen aus der Bilanzanalyse
1. Eigenkapitalquote
- Formel: Eigenkapital / Bilanzsumme × 100
- Aussage: Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital → je höher, desto solider.
- Richtwert: > 30 % gilt als gesund.
2. Verschuldungsgrad
- Formel: Fremdkapital / Eigenkapital
- Aussage: Verhältnis von Schulden zu Eigenmitteln.
- Beispiel: 200 % bedeutet doppelt so viel Fremdkapital wie Eigenkapital.
3. Liquiditätsgrade
- Liquidität 1. Grades: Flüssige Mittel / kurzfristige Verbindlichkeiten
- Liquidität 2. Grades: Flüssige Mittel + Forderungen / kurzfristige Verbindlichkeiten
- Liquidität 3. Grades: Umlaufvermögen / kurzfristige Verbindlichkeiten
👉 Je höher, desto besser die Fähigkeit, kurzfristige Schulden zu decken.
4. Working Capital
- Formel: Umlaufvermögen – kurzfristige Verbindlichkeiten
- Aussage: Positiver Wert = Unternehmen kann kurzfristige Verpflichtungen problemlos erfüllen.
5. Anlagendeckungsgrad
- Formel: Eigenkapital / Anlagevermögen
- Aussage: Zeigt, ob langfristige Investitionen langfristig finanziert sind („goldene Bilanzregel“).
Chancen der Bilanzanalyse
✅ Stabilität prüfen – solide Eigenkapitalbasis = weniger Insolvenzrisiko.
✅ Risiken erkennen – hohe Verschuldung = hohe Abhängigkeit von Zinsen.
✅ Liquidität im Blick – wichtig für Krisenzeiten.
✅ Vergleichbarkeit – Unternehmen derselben Branche lassen sich vergleichen.
Grenzen der Bilanzanalyse
❌ Stichtagsbezogen – Bilanz zeigt nur eine Momentaufnahme.
❌ Bilanzpolitik – Unternehmen können durch Abschreibungen & Bewertungen beeinflussen.
❌ Immaterielle Werte fehlen – Markenwert, Know-how oder Kundenbasis sind kaum abgebildet.
❌ Keine Zukunftsprognose – die Bilanz sagt wenig über zukünftiges Wachstum aus.
Bilanzanalyse in der Praxis
- Vergleich über mehrere Jahre – Trends sind aussagekräftiger als ein Jahr.
- Branchenvergleich – hohe Schulden sind in Infrastruktur-Branchen normal, bei Tech weniger.
- Zusammen mit GuV & Cashflow – erst im Dreiklang entsteht ein vollständiges Bild.
- Auf Sonderposten achten – Rückstellungen, Goodwill oder außerordentliche Effekte können Bilanzwerte verzerren.
Fazit
Die Bilanzanalyse ist ein Fundament der Aktienbewertung. Sie zeigt, wie stabil und finanziell gesund ein Unternehmen ist. Anleger erkennen dadurch Stärken, Risiken und Chancen – und können besser entscheiden, ob eine Aktie für das Depot geeignet ist.
👉 Wichtig ist, die Bilanz nicht isoliert, sondern immer im Zusammenhang mit Gewinn- und Verlustrechnung sowie Cashflow zu betrachten.
Weiterführend: Der große Aktien-Guide
Du möchtest alle Grundlagen, Strategien, Branchen und Analysemethoden an einem Ort finden? Dann lies hier unseren Aktien Guide – Das große Lexikon für Anleger und entdecke alle Kapitel im Überblick.
Häufige Fragen (FAQ)
Warum ist die Eigenkapitalquote wichtig?
Weil sie zeigt, wie solide ein Unternehmen finanziert ist.
Welche Kennzahl zeigt die Zahlungsfähigkeit?
Die Liquiditätsgrade und das Working Capital.
Kann man allein mit Bilanzanalyse investieren?
Nein, sie ist nur ein Teil der Fundamentalanalyse. Gewinne, Cashflows und Branchenumfeld müssen berücksichtigt werden.